Małgorzata Sztremers (geb. 1972 in Bytom, Polen) Motive entführen in rätselhafte Welten, in denen nichts so scheint, wie es auf den ersten Blick aussieht. In den Bildern stehen meist Frauenfiguren im Vordergrund, die oftmals in Gemeinschaft mit Tieren agieren in einem aus Landschaft und architektonischen Elementen bestehenden Bildraum. Das Narrativ des Bildes muss der Betrachter selbst entwirren und sich seine eigene Geschichte erzählen.
Scheint die Szenerie beim ersten Hinsehen klar, erkennt das Auge schnell viele Details und beginnt zu suchen wie in einem Wimmelbild. Doch scheint da nichts so recht zusammenzupassen, es sind szenische Fragmente, die da scheinbar wahllos zusammengewürfelt wurden. Die Malerin lässt uns mit märchenhaft-surrealen Traumwelten allein. Die Titel helfen nicht weiter und sind deskriptiv, wie etwa „Am Brunnen“ oder greifen einzelne Bildelemente heraus, wie etwa „Azurit“.
Sztremer spielt mit malerischen und literarischen Vorlagen und interpretiert sie nach eigenem Gusto. Das Wunderbare daran ist, dass man nie genau weiß, worauf sie hinauswill und zum eigenen Fantasieren gezwungen ist. In ihren Bildern sind Frauenfiguren allgegenwärtig, eine zentrale Figur in ihren Motiven ist die Hexe. Inspiriert sind diese Figuren von der Baba Jaga aus der slawischen Mythologie, ist die hexe bei ihr aber kein Symbol für das Böse oder eine mit übernatürlichen Kräften ausgestattetes Wesen. Vielmehr ist sie eher eine Waldfrau, manche interpretieren sie sogar als Erd- oder Muttergöttin. In Polen werden „Hexe“ vor allem abwertend genutzt, um Frauen als unattraktiv zu definieren. Aus dieser Ambivalenz entsteht ein breites Spektrum an möglichen Darstellungen als Hexe oder Heilige.
Um die Frauenfiguren herum entsteht ein detailreiches Szenario, welches sich kaum entschlüsseln lässt. „Am Brunnen“ (2022) ist eine in düsteren Farben gehaltenen Szene. Im Zentrum ein Brunnenbecken mit einer Säule im Zentrum. Den Hintergrund bildet eine schwarze Wand mit roten Ornamenten. Im Brunnenbecken liegen Steine. Links eine weibliche Figur in Blau, knieend mit einem Huhn in den Händen, das sie über den Kopf hält. Vor ihr flüchtet (oder schlecht von dannen) eine Elfe mit Schmetterlingsflügeln. Auf der rechten Seite schwebt ein Geäst im Raum, an dem sich eine Katze festhält.
Die Szene zu enträtseln ist mit nur wenig Kenntnis der russischen Märchen kaum möglich, zumal Sztremers Werke davon nur inspiriert sind und keine wortgenauen Illustrationen. Der Kater kommt im russischen Märchen sehr oft vor, auch bei Baba Jaga und ihm wird ein überlegener Verstand attestiert. Auch das Huhn kommt immer wieder vor, vor allem weil die Holzhütte der Hexe auf Hühnerbeinen steht. Aber was sehen wir hier? Eine rituelle Handlung? Einen Zauber? Das bleibt allein der Fantasie des Betrachters überlassen. Gerade das macht die Werke aber so spannend.