Lisa Marie Schmitt, Alexandru Mihai Budeṣ, 30 de ani de Optimism“, Ausstellungsansicht
Lisa Marie Schmitt, Alexandru Mihai Budeṣ, 30 de ani de Optimism“, Ausstellungsansicht
31. August 2023

Von Hoffnung und Enttäuschung

Lisa Marie Schmitt und Alexandru Mihai Budeṣ beleuchten die soziokulturellen und ökonomischen Folgen des Untergangs des Kommunismus in Rumänien.

Im Jahr 2021 erhielt Lisa Marie Schmitt (geb. 1991 in Trier) gemeinsam mit Alexandru Mihai Budeṣ ein Stipendium der Berliner Senatsverwaltung für ein Austauschprojekt in Rumänien. Die dort entstandenen Videoarbeit „30 de ani de Optimism“ (dt. „30 Jahre Optimismus“) der beiden Künstler*innen erzählt die Geschichte der Verwestlichung Rumäniens nach dem Fall des Regimes, die sich quasi über Nacht vollzog. Es ist eine Geschichte von Hoffnung, aber auch von Enttäuschung und Niedergang.

Im Sommer 1992 kam Michael Jackson mit seiner Dangerous-World-Tour nach Europa. Die Europa-Tournee begann in München und endete am 1. Oktober 1992 in Bukarest. Die jungen Rumän*innen waren in Ekstase, denn erstmals besuchte ein westlicher Weltstar ihr Land. Singend und tanzend zogen sie vom Bahnhof „București Nord“ quer durch die Innenstadt zum Lia-Manoliu-Stadion und legten sie die Hauptstadt des Landes lahm. Es war ein verheißungsvoller Abend, der eine bessere Zukunft versprach und zur Legende wurde.

Mitte der 1990er Jahre trat der Manager von Michael Jackson an eine rumänische Porzellanmanufaktur heran und erteilte den Auftrag, 100.000 Michael-Jackson-Figuren für den europäischen Markt herzustellen. Ein riesiger Auftrag. Doch das Projekt scheiterte. Nur die ersten 1.000 Figuren wurden abgenommen. Bis heute ist unklar, was der Grund dafür war. Das Werk musste schließen, die Mitarbeiter wurden entlassen und Tausende Figuren lagern bis heute unvollendet in den ehemaligen Ateliers. Wie die chinesische Terracotta-Armee stehen sie da herum. Der Besitzer ging bankrott.

Der Werktitel von Schmitts und Budeṣ‘ „30 de ani de Optimism“ entstammt einer Coca-Cola-Werbekampagne, mit der die Einführung der Marke in Rumänien nach dem Fall des Kommunismus gefeiert werden sollte. Auch Coca-Cola stand einst für den Siegeszug des Kapitalismus in Osteuropa.

Schmitt und Budeṣ inszenieren in ihrer Videoinstallation den Megastar als Heilbringer und Retter des Landes. Im Video verweben sie die Geschichte um das Konzert mit kleinen persönlichen Anekdoten von Budeṣ, der damals noch ein Kleinkind war. Videoaufnahmen des Onkels beschrieben den Zustand Rumäniens Anfang/Mitte der 1990er Jahre in dem Land sehr persönlich. Dazu die Figuren, die Michael Jackson als King of Pop in Szene setzen sollten – kitschig, bunt und abstrus in ihrem Heldenmythos. Ironie der Geschichte: einige der Figuren kursieren heute auf Verkaufsplattformen im Internet und werden für bis zu 1000 Euro gehandelt.

Entstanden ist ein berührender Film, der die Geschichte der Hoffnung nach dem Fall des Kommunismus dokumentiert, aber auch den Niedergang und die Enttäuschung nach der ersten Euphorie.

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