Ausstellungsansicht "Obsolete Terrain" in der Stadtgalerie Saarbrücken, Foto: Bülent Gündüz
Ausstellungsansicht "Obsolete Terrain" in der Stadtgalerie Saarbrücken, Foto: Bülent Gündüz

Ein Apfelbaum als gesellschaftlicher Zankapfel

Suzan Noesens Arbeit "Obsolete Terrain" hinterfragt unsere gesellschaftlichen Handlungsmuster und unseren Umgang mit der Natur.

Der Begriff „Entdeckung” nutzt sich bei dieser SaarART schnell ab, denn es gibt viele neue Künstlerinnen und Künstler zu entdecken. Das liegt vor allem daran, dass erstmals luxemburgische und französische Kunstschaffende teilnehmen. Zu diesen gehört auch die niederländisch-luxemburgische Künstlerin Suzan Noesen (geb. 1985 in Luxemburg). Sie studierte Konzeptkunst an der Koninklijke Academie van Beeldende Kunsten in den Haag und Malerei an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Außerdem besuchte sie Kurse an der Theaterschool Amsterdam. Seit 2017 arbeitet sie auch als Filmemacherin., etwa mit dem Kurzfilm „Livre d’heures“, in dem Noesen ihrer zauberhaften Großmutter ein Denkmal setzt und das Zusammenleben mit ihr und die unterschiedlichen Lebensentwürfe der beiden Frauen einander gegenüberstellt.

Noesens Werk lebt von der Multidisziplinarität aus Installation, Performance, Fotografie und Film, sie nutzt aber auch bildhauerische, grafische und malerische Elemente in ihren vielschichtigen Arbeiten. Noezen konfrontiert uns als Rezipienten mit alltäglichen Problemen, die sie für uns erfahrbar macht. Gesellschaftliche Paradigmen werden zur Diskussion gestellt und hinterfragt. Ihre zu Installationen zusammengesetzten Displays erzeugen eine Oszillation zwischen Erfahrung und Beobachtung.

In der Stadtgalerie Saarbrücken zeigt Suzan Noesen die Videoinstallation „Obsolete Terrain – Towards a simple Talk in Utopia“, die 2021 entstand. Vier Schauspieler spielen vier Charaktere (Umweltschützer, Romantiker, Pragmatiker und Konservativer), die sich ihre Zeit in einem verlassenen Gebäude im Grünen vertreiben. Während sie über einen Apfelbaum in der Ferne diskutieren, offenbaren sich ihre Einstellungen zu Natur und Ökologie. Immer wieder wechseln die Schauspieler den Bildschirm und damit den Charakter, dessen Körperhaltung und Kleidungsstil sie annehmen. Es entsteht ein verwirrendes Netz aus Meinung und Perspektiven, in dem der Betrachter ein Teil wird, denn er setzt sich in die Installation auf eien Kiste. Sich dem Dialog auf den Bildschirmen zu entziehen, ist unmöglich. Das Gestänge der Installation besteht aus alten Zaunpfählen vom Grundstück ihrer Großeltern, die Bauern in Luxemburg waren. 

Sich wiederholende Handlungsabläufe sind immanenter Bestandteil von Noesens Arbeiten. In ruhigen Bildern bricht sie den oft schrill geführten Dialog über das Zusammenleben und die Hierarchien in unserer Gesellschaft. Immer wieder stehen sich Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, Handlung und Zeitlichkeit, soziale Organisation und Funktionalität als zentrale Themen gegenüber und werden verwoben.„Obsolete Terrain“ nähert sich der aktuellen ökologischen Krise auf neue Weise und legt schonungslos die sozialen Verwerfungen auf, die uns drohen. Die Diskussion zwischen den vier Protagonisten streift gesellschaftliche Fragen, wie etwa, wie wir leben wollen, wie unsere Wirtschaft funktioniert und wie wir uns wirtschaftlich, ökologisch und technisch entwickeln wollen. Immer stärker offenbart sich in den letzten Jahren, wie sehr die Krise und deren Folgen die Gesellschaft spaltet zwischen denen, die unbedingt handeln wollen und denen, die diese Krise gelassen sehen und ihren Lebensstil nicht einschränken wollen oder können.

Website: https://suzannoesen.com

Instagram: https://www.instagram.com/suzan_noesen/

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