Arbeiten im Atelier von Vera Loos, Foto. Bülent Gündüz
Arbeiten im Atelier von Vera Loos, Foto. Bülent Gündüz

Die Einsamkeit des Einzelnen

Kaum ein Kunstschaffender der SaarART verkörpert eines der vorgegebenen Themen so perfekt, wie Vera Loos. Ihre Gemälde sind bildgewordener Ausdruck von Isolation und Einsamkeit.

Vera Loos malt schon lange, ihre ersten bedeutenden Arbeiten entstanden aber in den 2000er Jahren. Anfangs war ihr künstlerisches Werk von experimenteller Suche bestimmt. Früh malt sie schemenhafte Figuren, die sich in undefinierten Farblandschaften bewegen. Linien, Kratzer und „Kritzeleien“ ergänzen die pastelligen Farbnebel, sind aber nicht näher definierbar.

Vera Loos in ihrem Atelier, Foto: Bülent Gündüz

Im Jahr 2012 scheint Loos ganz unter dem Eindruck des Endes der Bergbaugeschichte im Saarland zu stehen. Es entstanden Assemblagen, in denen die Künstlerin Kohlestücke auf den Bildgrund klebte und in einigen Werken an der Uniform eindeutig zu identifizierende Bergleute dazu stellt. Im gleichen Zeitraum entstanden Figurenbilder, die in der Farbwahl deutlich zurückgenommener sind als jene der 2000er Jahre. Die Farbe ist in starken Schichtungen aufgetragen, mal dünn wie eine Lasur, dann wieder pastos gespachtelt. Mitte der 2010er Jahre hat Loos noch einmal eine stärker realistische Phase, sie malte mit Acrylfarben auf Fotos, schafft dort eine zweite Realität, die den dokumentarischen Effekt der Fotos aufhebt und eine persönliche Ebene hinzufügt.

Doch sie kehrte in den folgenden Jahren wieder zu ihren Sujets von Menschen, fast immer Männer in Anzügen, zurück. Während die Figur recht gegenständlich erkennbar gemalt ist, wir der Hintergrund immer diffuser, fast neblig in erdigen Tönen, die von einem Weiß verschluckt zu werden scheinen. Die Menschen stehen meist allein in Landschaften, kommen auf den Betrachter zu oder sind in Rückenansicht gemalt, bewegen sich manchmal auch in den Nebel.

Die Corona-Pandemie hat die Einsamkeit der Künstlerin im Atelier nur noch verstärkt und das spiegelt sich auch in den Bildern wider. Die Personen sind nur noch allein in den Bildern anzutreffen. Außerdem entstand in der Coronazeit eine Serie von düsteren Eisbergen, wunderbare Mittelformate in Schwarzweiß, in gestischem Duktus in Mischtechnik auf Papier gebracht. Wie die Figurenbilder stehen sie sinnbildlich für Kälte und Einsamkeit.

Loos‘ Bilder haben immer auch eine zweite Ebene: den Bildtitel. Die Saarbrücker Künstlerin hat neben Kunstgeschichte auch Angewandte Sprachwissenschaft studiert und arbeitet als Übersetzerin. Ihr großes Wissen um Kunst und Literatur spiegelt sich in den Titeln. Diese sind sorgsam gewählt, geben allerdings wenig vom Sujet preis. Die literarischen Zitate stellen die dargestellte Situation eher in Frage und suggerieren ein Narrativ, das der Betrachter selbst entwickeln muss. Die eigene Wahrnehmung und Interpretation werden zum wesentlichen Baustein bei dem Erfassen des Bildes.

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