Christiane Wien, stream [5 reflectors], Ausstellungsansicht, 5-Kanal-Sound-Installation mit 5 Halfpipe-Reflektoren (je ca. 100 x 200 cm) aus unarmiertem Beton, Unterbauten aus Edelstahl, fünf Ultraschall-Richtlautsprecher, 2023
Christiane Wien, stream [5 reflectors], Ausstellungsansicht, 5-Kanal-Sound-Installation mit 5 Halfpipe-Reflektoren (je ca. 100 x 200 cm) aus unarmiertem Beton, Unterbauten aus Edelstahl, fünf Ultraschall-Richtlautsprecher, 2023
29. August 2023

Der Klang aus dem Beton

Christiane Wien schafft spannende Installationen aus Beton und Sound.

Als ich Christiane Wien (* 1969 in Baden-Baden) bei der Absolventenausstellung der HBKsaar im Jahr 21018 kennenlernte, war ich schwer beeindruckt. Die junge Künstlerin bespielte damals die 5kV-Trafostation auf den Saarterrassen mit außergewöhnlichen Arbeiten, die ich so von einer Studentin nicht erwartet hätte. In den beiden hinteren Räumen präsentierte Wien ihre Arbeit. Sie ließ Betonplatten erklingen, indem sie diese durch Vibrationen zum Schwingen brachte. Einmal war es eine riesige Platte, die an die Wand gelehnt vor sich hin summte. Im kleineren Raum hingen sechs kleinere Platten in Reihe hintereinander und erzeugen ein industriell anmutendes Brummen. Mich erinnerte es sofort an das elektrische Brummen, das einst in dieser Trafostation herrschte. Perfekt umgesetzt mit einem außergewöhnlichen Material.

Bis heute sie sie der Idee und dem Material treu geblieben. Mit einfachsten Mitteln schafft sie so grandiose Kunst, weil sie dem Rezipienten ein völlig neues Erlebnis mit dem profanen Baumarktmaterial bietet. Die skulpturalen Arbeiten werden durch Sound ergänzt. Über kleine Ultraschall-Lautsprecher, die leicht schräg auf die Reflektoren ausgerichtet sind, wird sehr konzentriert immer wieder Weißes Rauschen in den Raum abgegeben. Dazwischen liegen kürzere inaktive Phasen. Weißes Rauschen besteht ist ein höhenbetontes Geräusch in einem bestimmten Frequenzband mit gleichmäßigen Schalldruckpegel. Das Rauschen wird von den Reflektoren genauso wie von den Wänden, Raumelementen und den sich im Raum bewegenden Menschen reflektiert. Die Lautsprecher sind entweder einzeln nacheinander oder gleichzeitig aktiv.

Waren es bisher vor allem flache Betonplatten, die in Schwingung versetzt wurden, kamen schnell neue Objektformen hinzu, wie Parabolspiegel, deren Segmente und breite Rahmen. In der Stadtgalerie ist sei nun mit mehreren Bogensegmenten aus unarmiertem Beton vertreten, die auf Edelstahlgestellen stehen. Sie dienen als Reflektorobjekte für Schall aus kleinen Lautsprechern.

Mit ihnen untersucht sie den Raum auf klangliche Weise, erklärt der Katalog. Das stimmt natürlich, Klang und Form verändern den Raum und lassen ihn uns erfahren. Aber die Arbeit wäre nichts Besonderes, wenn es nur darum ginge. Es ist der Mix aus dem Sound, dem Material und dem virtuosen Umgang damit, genauso wie die Idee, das schwere und harte Material als Resonanzraum für Klang zu nutzen.

Fast schon unbewusst steckt man den Kopf in den Betonbogen und lauscht. Es brummt, sirrt, klappert, je nachdem, wie man sich an und in der Betonschale bewegt, verändert sich das Geräusch, schwillt an oder ab. Die Klangsituationen verändert sich ständig, wenn man seien Position im Raum verändert.

Das Werk nur als Soundinstallation zu sehen, wäre aber auch zu kurz gedacht. Wiens Arbeiten sind immer auch bildhauerische Objekte, die weit über die reine Soundreflektion hinausgegen. Der graue Beton ist in der Rundung perfekt gegossen und auch ohne den Klang schon ein ästhetisch ansprechendes Objekt, das den Raum strukturiert. Dazu die massiven Ständerwerke aus geschweißtem Vierkantedelstahl, welche die Platten halten und ein technisches Ausstehen haben. Durch ihre scheinbar leichte Konstruktion verleihen sie den Betonplatten Leichtigkeit, fast scheinen diese im Raum zu schweben.

Website: https://christianewien.com

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