Wenn man in den letzten Wochen auf den Vorplatz der Modernen Galerie spaziert ist, dann störte direkt rechts vor dem Museum eine wilde Unordnung das streng gepflegte, monotone Grün des Rasens. Das dachten sich wohl auch die Gärtner im Mai und mähten die „Baustelle“ kurzerhand nieder. Man kann sich vorstellen, dass die Künstlerin einigermaßen enttäuscht und wütend war und das zurecht. Doch eigentlich hätte Julia Rabusai (geb. 1979 in Görlitz) unseren Umgang mit Natur im Stadtraum kaum besser demonstrieren können. Was nicht passt, wird passend gemacht oder: Ist das Kunst oder kann das weg?
Was nicht dem Bild des „gepflegten“ Stadtgrüns entspricht, wird platt gemacht. Leider machen die monotone Graswüste und die sauber gestutzten Bäume aber weder einen schönen noch einen lebenswerten Stadtraum aus. In Zeiten des Klimawandels wir das zum besonderen Problem. Uns fehlt Schatten in den Städten, kühle Zonen, die sich weniger aufheizen als Asphalt und Beton und uns fehlen Nahrung und Lebensraum für Insekten und Vögel.
Rabusais Installationen hinterfragen die Beziehungsgefüge zwischen urbanem Raum, Natur und Mensch. Auch wenn ihre Installation „Stadtbiotop – Ästhetische Raumeinheit und unproduktive Vegetation“ ein künstlicher Eingriff ist, erobert die Natur rasch den Raum und nimmt ihn ein. Pflanzen keimen, blühen auf und verblühen. Tiere schauen vorbei oder siedeln sich sogar an, Totholz wird von Bakterien und Pilzen zersetzt und neuer wertvoller Humus entsteht. So wächst das kleine Reich innerhalb weniger Monate und wird zu einer Oase der Biodiversität im öffentlichen Raum mitten in der Stadt. Die Arbeit erzählt vom Schaffen und Werden eines kleinen Naturraumes als künstlerisch bewusste Setzung in der Stadt.
Im Weltkulturerbe Völklinger Hütte hatte Julia Rabusai schon 2021 die Installation „Moor“ angelegt. Ein solches Moor zu formen ist gar nicht so einfach, weil Moorlandschaften komplexe Biotope sind, die lange zum Wachsen brauchen. Die Künstlerin suchte sich den verseuchten Boden im Paradiesgarten nahe der Koksbatterien aus und bettete in die Landschaft ein kleines Moor ein. Erst die Zeit wird wirklich zeigen, ob hier ein Moor gediehen kann und wird.
Ist das (gute/spannende) Kunst? Durchaus. Zwar ist das reine Anlegen eines Biotops noch keine Kunst, hier aber geht es aber um mehr. Rabusais Arbeiten sind bewusste Intervention im öffentlichen Raum des Museums und hinterfragen indirekt auch den Umgang des Museums mit der Natur. Während drinnen Künstler*innen versuchen aufzuzeigen, wie der Klimawandel uns im Würgegriff hält und was und droht, wird draußen selbst beim Neubau das gepflegte Grün gefeiert.
Website: https://rabusai.wordpress.com