Kathrin Haaser, Pas de deux après, 2023
Kathrin Haaser, Pas de deux après, 2023
19. August 2023

Blut, Schweiß und Tränen

Kathrin Haaser zeigt eine betörend schöne Installation aus Ballettschuhen.

Für viele Besucher der SaarART dürfte Kathrin Haaser (* 1963 in Bautzen) eine Neuentdeckung sein. Haaser studierte an der Hochschule für Bildende Künste Dresden und erwarb einen Abschluss als Diplom–Designerin in der Fachrichtung Maskenbildnerei. Von 1986 bis 1989 war sei am Deutsch-Sorbischen Volkstheater Bautzen engagiert, von 1989 bis 2000 am renommierten Düsseldorfer Schauspielhaus.

Seit 2001 ist sie freischaffend mit eigenen Ausstellungen und Projekten tätig, war unter anderem am Royal Opera House Covent Garden London, am Festspielhaus Bayreuth und am Grand Theatre de la Ville Luxembourg tätig und hatte Gastdozenturen an der Folkwank-Hochschule Essen, an der Medien und Eventakademie Baden- Baden und an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. 

Hasser malt, zeichnet, ist bildhauerisch tätig und erschafft Installationen. Im Zentrum von Haasers Kunst steht der menschliche Körper. In ihren Gemälden spielt sie mit Abstraktion und Figuration, lotet immer wieder die Grenzen neu aus. Auch in ihren Zeichnungen versucht sie dies. Ist in der Malerei die Farbe Mittel zur Abstraktion, konzentriert sich Haaser in den Zeichnungen vor allem auf die Linie, die sich skizzenhaft der menschlichen Form nähert. Ähnlich auch die Plastiken, die stark abstrahiert Körper zeigen, oft sich in einer fast tänzerischen Pose am Boden liegend und stark reduziert in der Formensprache.

„Pas de deux après“ in St. Wendel ist Haasers erste bedeutende Installation und vielleicht eines der schönsten Stücke der SaarART. Ich sehe viel Kunst, aber ich kann mich an kaum etwas erinnern, was eine tänzerische Pose so ästhetisch, anrührend und zauberhaft nachahmt.

Die Installation besteht aus Ballettschuhen aus London, die Haaser den Tänzern „abgeschwatzt“ hat. Sie sind ohnehin durchgetanzt, man sieht Schweiß- und Blutflecken und ahnt welche Schmerzen und Anstrengungen diese Schuhe erlebt haben. 

Haaser baut aus den Ballettschläppchen eine Spirale, in deren Mitte eine vertikale Form aus Spitzenschuhen hängt. Die Form assoziiert man sofort mit einer überlebensgroßen Balletttänzerin, denn im Zentrum der Vertikale greift eine Horizontale aus Schuhen in den Raum, die an einen Tutu erinnert und mit den herabhängenden Schnürbändern Leichtigkeit suggeriert.  

Der Titel „Pas de deux aprés“ ist ein deutlicher Hinweis auf das Objekt. Der Pas de deux ist ein Duett, das meist Höhepunkt eines Ballettstückes ist. Der vielleicht berühmteste Pas de deux ist der Tanz des schwarzen Schwans mit Prinz Siegfried im dritten Akt von Tschaikowskis Schwanensee. Man meint förmlich die verführerische Odile zu sehen, die dem Prinzen die Sinne raubt. Das titelergänzende „Après“ allerdings mahnt uns in die Gegenwart zurück. Es ist vorbei, wir sind im Danach und werden erinnert an die Musik und den Tanz, zugleich aber auch an die Mühen der Tänzer*innen.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Shakti Paqué, "Likes" drei Videostills
Vorheriger Artikel

Kritik an Selfie-Kultur

Nächster Artikel

Staub zu Staub

Nach oben

Don't Miss

Was bleibt?

Nun ist die SaarART 2023 Geschichte.
Lisa Marie Schmitt, Alexandru Mihai Budeṣ, 30 de ani de Optimism“, Ausstellungsansicht

Von Hoffnung und Enttäuschung

Im Jahr 2021 erhielt Lisa Marie