Shakti Paqué, "Likes" drei Videostills
Shakti Paqué, "Likes" drei Videostills
18. August 2023

Kritik an Selfie-Kultur

Shakti Paqués neue Arbeit kritisiert unseren Umgang mit uns selbst in den Sozialen Medien.

Auf Shakti Paqué (1979 in Hamburg) könnte man fast ein bisschen neidisch werden, weil der liebe Gott seine Talente bei ihr großzügig verteilt hat. Paqué ist nicht nur bildende Künstlerin, sondern auch eine wunderbare Sängerin. Gemeinsam mit ihrem Mann Mathias steht sie als Duo „Mon mari et moi“ auf der Bühne und singt humorvolle Lieder, die sich mit unser aller Alltag beschäftigen. Und ein Buch hat sie auch geschrieben.

Nach dem Abitur studierte sie Innenarchitektur und im Anschluss freie Kunst an der Hbksaar. Mir ist Paqué erstmals beim Peter-und-Luise-Hager-Preis aufgefallen.  Sie gewann 2019 den ersten Preis mit einer Videoarbeit. Die Künstlerin ließ Menschen vor der Kamera „Nein“ sagen und zugleich nicken. Man kann sich unschwer vorstellen, wie schwierig es ist, dem Gehirn diese zwei sehr unterschiedlichen Signale abzuverlangen. Über einen inneren Widerstand hinweg muss man Wort und Geste erzwingen. Vielen der Gefilmten fällt das sehr schwer. Sehr oft ist dann doch ein kurzes Kopfschütteln zu bemerken. Kinder haben dabei mehr Probleme als Erwachsene. Lügen scheint nicht ganz einfach zu sein… 

Dabei hatte sie schon viel früher eine tolle Arbeit geschaffen. Für das Langzeitprojekt »DIALOG« bittet sie seit 2011 Menschen um Dias. Aus ihrem umfangreichen Fundus wählt sie dann je zwei Dias, die in einem Rahmen zu einem neuen Bild verschmelzen. Die zwei übereinanderliegenden Fotografien müssen ohne jegliche Form der digitalen Bearbeitung auskommen.

Die Arbeit „Die Freiheit etwas abheften zu können“ entstand während der Corona-Pandemie. Paqué „webte“ aus Heftstreifen bunte Wandobjekte in unterschiedlichen Farbstimmungen. Verblüffen einfach und verblüffend gut, weil es zum einen das formale Spiel mit Farbe thematisiert, andererseits die Heftstreifen geradezu Synonym für Ordnung und Einordnung sind – etwas, was in der Coronazeit oftmals schwerfiel.

In der Modernen Galerie zeigt Shakti Paqué nun die 27-minütige Videoperformance „Like“. Sie sitzt vor einem schwarzen Hintergrund auf einem Hocker und ist in Luftpolsterfolie gehüllt. Nach und nach bringt sie die kleinen Luftpolsterbläschen zum Platzen und sagt dazu im Wechsel: „Er likt mich“, „Er likt mich nicht“, „Sie likt mich“, „Sie likt mich nicht“, „Ihr likt mich“, „Ihr likt mich nicht“. Körperhaltung und Stimme verändern sich dabei ständig.

Auch wenn in der bildenden Kunst immer wieder Paqués Humor durchbricht, sind ihre Arbeiten gesellschaftskritisch und nutzen gesellschaftliche Konventionen des Individuums als Experimentierfeld. Sie konfrontiert uns immer wieder mit unseren Verhaltensweisen. „Like“ ist eine Metapher für unsere Sucht, gefallen zu wollen, die mit der Selfie-Kultur auf Instagram ganz neue Höhen erreicht hat. Wir erleben die Protagonisten als hilflose und einsame Person auf der Suche nach Anerkennung durch „Likes“. Es ist schmerzlich daran teilnehmen zu müssen und ihr zuzuschauen.

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